Von 250 auf 175 Gramm geschrumpft: Dieser geniale Trick der Hersteller kostet deutsche Haushalte Hunderte Euro pro Jahr

Das Phänomen der schrumpfenden Packungen

Wer im Supermarkt nach Erdnüssen greift, erlebt immer öfter eine böse Überraschung. Die Packung sieht vertraut aus, der Preis scheint attraktiv, doch beim genauen Hinsehen zeigt sich: Die Nettofüllmenge ist geschrumpft. Was früher 500 Gramm waren, sind heute vielleicht nur noch 400 oder gar 350 Gramm. Diese Shrinkflation bei Lebensmitteln trifft Verbraucher besonders hart, weil sie meist völlig unbemerkt abläuft. Erdnüsse gehören zu den beliebtesten Snacks im deutschen Handel, und genau deshalb sind sie ein perfektes Ziel für Tricks rund um Füllmengen und Verpackungsgrößen. Die Hersteller wissen genau, wie sie mit geschickten Verpackungen und Preisaktionen unsere Wahrnehmung beeinflussen können.

Wenn die Dose gleich aussieht, aber weniger enthält

Bei Lorenz Erdnußlocken lässt sich das Prinzip besonders gut nachvollziehen. Über mehrere Jahre schrumpfte der Inhalt von ursprünglich 250 Gramm zunächst auf 225 Gramm, dann auf 200 Gramm und schließlich auf 175 Gramm. Gleichzeitig kletterte der Preis von 1,99 Euro auf 2,19 Euro. Das Ergebnis ist eine versteckte Preiserhöhung von bis zu 28 Prozent. Die Verpackung sieht dabei nahezu identisch aus, nur die kleine Angabe zur Füllmenge hat sich verändert. Bei Crunchips Roasted wurde sogar eine versteckte Preiserhöhung von 34 Prozent ermittelt. Solche Zahlen klingen abstrakt, werden aber für jeden spürbar, der regelmäßig zu diesen Produkten greift.

Die Fertigpackungsverordnung schreibt zwar vor, dass die Nettomenge klar erkennbar sein muss, doch im Alltag übersehen die meisten diese Information einfach. Wir orientieren uns an der Größe der Dose, am gewohnten Erscheinungsbild und natürlich am Preis. Eine Tüte oder Dose, die äußerlich unverändert wirkt, kann plötzlich deutlich weniger enthalten als noch vor einem Jahr. Das Perfide daran: Diese Reduzierung geschieht schleichend, sodass kaum jemand den direkten Vergleich im Kopf hat.

Sonderangebote als Ablenkungsmanöver

Besonders dreist wird es, wenn Mengenreduzierungen gezielt mit Aktionspreisen kombiniert werden. Der leuchtend rote Aufkleber mit dem reduzierten Preis zieht unsere Aufmerksamkeit magisch an. Wir denken, wir machen ein Schnäppchen, dabei bezahlen wir oft sogar mehr pro Kilogramm als zuvor. Bei Ültje wurden Erdnüsse um exakt 20 Gramm in gleich großen Dosen reduziert, während der Preis stabil blieb oder stieg. Dies war bereits der zweite dokumentierte Fall von Shrinkflation bei Knabberwaren von Intersnack innerhalb kurzer Zeit.

Die Verbraucherzentrale Hamburg vergibt regelmäßig den Negativpreis Mogelpackung des Monats. Lorenz Erdnußlocken, Funny Frisch Erdnuss Flippies und Ültje Erdnüsse wurden alle schon ausgezeichnet. Bei den Funny Frisch Produkten wurde eine versteckte Preiserhöhung von 20 bis 22 Prozent berechnet. Solche Auszeichnungen schaffen zwar Öffentlichkeit, doch rechtliche Konsequenzen bleiben meist aus. Die Hersteller haben formal alles korrekt gemacht, schließlich steht die reduzierte Menge ja auf der Verpackung.

Das Chaos der krummen Zahlen

Früher waren Verpackungsgrößen überschaubar: 200, 500 oder 1000 Gramm. Diese runden Zahlen ließen sich leicht vergleichen und im Kopf umrechnen. Heute finden wir im Regal Füllmengen wie 175, 340 oder 475 Gramm. Diese krummen Werte machen den Preisvergleich erheblich schwieriger. Selbst wer gewissenhaft den Grundpreis checken möchte, muss diesen erst auf dem oft winzigen Preisschild entziffern. Die verschiedenen Verpackungsarten tragen zusätzlich zur Verwirrung bei: Eine bauchige Dose wirkt voluminöser als eine schmale Tüte, selbst wenn beide identische Nettomengen enthalten.

Die Haptik spielt ebenfalls eine Rolle. Eine schwere Glasverpackung suggeriert mehr Inhalt als eine leichte Folientüte, auch wenn die tatsächliche Füllmenge gleich ist. Hersteller nutzen diese psychologischen Effekte gezielt aus. Hinzu kommt das Problem der Luftverpackungen: Technisch wird argumentiert, dass ein gewisser Luftanteil die Erdnüsse vor Bruch schützt. Doch wenn eine Dose nur zur Hälfte gefüllt ist, wird aus Produktschutz eine Täuschung.

Was das Gesetz erlaubt und was nicht

Die Fertigpackungsverordnung lässt erstaunlich viel Spielraum. Solange die Nettomenge korrekt angegeben ist, darf die Verpackung beliebig groß sein. Der Verbraucherschutz bei irreführender Verpackung stößt hier an seine Grenzen, weil die formalen Anforderungen erfüllt sind. Die Verantwortung wird faktisch auf uns Verbraucher abgewälzt. Wir sollen durch aufmerksames Lesen und Vergleichen selbst herausfinden, ob ein Angebot fair ist oder nicht.

Ein weiteres Problem: Die Nennfüllmenge folgt dem Mittelwertprinzip. Das bedeutet, dass die durchschnittliche Füllmenge einer Charge stimmen muss, einzelne Packungen aber abweichen dürfen. Bei Fertigpackungen zwischen 500 und 1000 Gramm sind Abweichungen von bis zu 15 Gramm erlaubt. Es gab aber dokumentierte Fälle, in denen eine 500-Gramm-Packung nur 379 Gramm enthielt. Verbraucherzentralen fordern deshalb ein Mindestmengenprinzip, bei dem jede einzelne Packung die angegebene Menge enthalten muss.

So durchschauen Sie die Tricks

Der beste Schutz ist Aufmerksamkeit und Information. Folgende Strategien helfen beim Einkauf:

  • Grundpreis ist König: Achten Sie konsequent auf den Kilopreis am Regalschild, nicht auf den Gesamtpreis.
  • Gewohnte Mengen merken: Prägen Sie sich die üblichen Füllmengen Ihrer Lieblingsprodukte ein.
  • Verpackung kritisch sehen: Große Dose bedeutet nicht automatisch viel Inhalt.
  • Nachwiegen kann sich lohnen: Bei Verdacht können Sie zu Hause mit der Küchenwaage prüfen.
  • Lose Ware erwägen: Selbstabfüllung ist oft transparenter und günstiger.

Warum gerade Erdnüsse betroffen sind

Erdnüsse bieten Herstellern besonders große Spielräume. Sie gehören zu den margenstärkeren Snacks, bei denen kleine Mengenreduzierungen große Kostenvorteile bringen. Gleichzeitig kaufen wir diese Produkte oft impulsiv, ohne intensiv zu vergleichen. Die Schalenform der Erdnüsse ermöglicht zudem luftige Verpackungen mit hohem Leervolumen, ohne dass dies sofort auffällt. Hersteller begründen Mengenreduzierungen meist mit gestiegenen Herstellungskosten. Als Lorenz auf eine Nachfrage der Verbraucherzentrale Hamburg mit höheren Kosten argumentierte, wies diese jedoch darauf hin, dass die Weltmarktpreise für Erdnüsse unter dem Niveau von 2020 lagen.

Was wir als Verbraucher tun können

Bewusstes Einkaufsverhalten sendet klare Signale an Hersteller und Händler. Wer systematisch Grundpreise vergleicht und Produkte mit ungünstigen Füllmengen meidet, trägt zur Veränderung bei. Soziale Medien und Verbraucherforen bieten Plattformen, um besonders dreiste Beispiele öffentlich zu machen. Die Dokumentation von Mogelpackungen und Meldungen an Verbraucherzentralen erhöhen den öffentlichen Druck. Je mehr Menschen sich aktiv mit Nettofüllmengen auseinandersetzen, desto schwieriger wird es für Anbieter, mit fragwürdigen Praktiken durchzukommen. Transparenz beginnt mit informierten Kunden, die ihre Rechte kennen und konsequent nutzen. Der nächste Gang zum Supermarktregal wird dann vielleicht etwas länger dauern, aber dafür landen echte Schnäppchen im Einkaufswagen statt geschickt getarnter Preiserhöhungen.

Prüfst du im Supermarkt die Nettofüllmenge auf der Verpackung?
Immer und vergleiche Grundpreise
Manchmal wenn ich Zeit habe
Selten nur bei Verdacht
Nie achte nur auf Preis
Kannte das Problem nicht

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